Ein ganz besonderes Hörerlebnis



03 MAI 16

Die dicht gestellten Stuhlreihen im großen Speisesaal des Anna-Stifts waren alle besetzt, teilweise musste noch die eine oder andere Ecke mit einer Sitzgelegenheit versehen werden, als am 03. Mai im Rahmen des bundesweiten Orchesterwettbewerbs, der diesmal in Ulm ausgetragen wurde, die Junge Kammerphilharmonie Rhein-Neckar unter ihrem Dirigenten Thomas Kalb ein Benefizkonzert für Bewohner, Freunde, Gäste des Anna-Stifts gab.
Um es gleich vorweg zu sagen: das Orchester hat den Wettbewerb dann in der Kategorie „Kammerorchester“ mit der Höchstpunktzahl 25 gewonnen – „mit hervorragendem Erfolg“, wie das heißt!
Den Erfolg verdankt es einem seinem Dirigenten Thomas Kalb, der das Orchester seit 2007 leitet (seinerzeit einmal jüngster Generalmusikdirektor in der Bundesrepublik), aber genauso den mit höchstem Einsatz, großem Können und aus ganzem Herzen musizierenden Mitgliedern.
Ganz passend dem Alter der Zuhörenden wurde das Konzert mit dem Oktett B-Dur für Streicher von Max Bruch (1838-1920) eröffnet – Bruchs letztem Werk 7 Monate vor seinem Tod entstanden
Gleich der erste Satz, ein Allegro, wurde voll Energie (z.B. die ersten beiden Geigen!) und hochmotiviert angegangen.
Der zweite Satz mit einem gleichmäßig pochenden Rhythmus ließ den Dirigenten an einen Trauermarsch denken – man hätte aber auch an den Herzschlag oder an die unwiderruflich verrinnende Zeit denken können?
Der Schlussteil dann wieder kraftvoll, beinahe tänzerisch.
Als zweiten, unerwarteten Beitrag hatte man den spanischen Komponisten Eduardo Toldra (1895 – 1962) mit „Vistas al Mar“ gewählt. Er stammt aus Katalonien und ist stark von dieser Landschaft geprägt.
Geschildert werden in wechselnden Klangbildern verschiedene Eindrücke, Anblicke am Meeresstrand.
Fröhliches Strandleben, volle Bewegung und Unternehmungslust (beinahe ein bisschen wie Filmmusik? )bandet uns im ersten Bild entgegen.
Dann folgt im zweiten Bild die wunderbare Abgeschiedenheit einer Mondnacht über dem Meer; Stille und Zur-Ruhe-kommen senken sich herab (übrigens: auf diese Stück wurde ich von einer alten Dame im St. Anna-Stift später angesprochen, wie wunderschön dieses ruhige Meer mit leisen Wellen gewesen sei!)
Schließlich beherrscht im dritten Bild nochmals das bunte Leben am Strand und auf dem Wasser ‚(tanzende Boote?) die Musik.
Mit diesem quirligen Strandleben-Bild war das Konzert eigentlich zu Ende, aber die Zuhörer ließen sich nur allzu gern auf eine Zugabe ein, eine höchst aparte obendrein:
Astor Piazolla (1921 – 1992) „Fuga y misterio“
Bei diesem Namen denkt man unausweichlich an den argentinischen Tango, den der argentinische Komponist zum Tango nuevo weiter entwickelt hat. Weniger bekannt ist, dass er auch auf klassische Formen zurückgreift, wie z.B. die Fuge.
Da konnte man also ein Tangothema hören, das in eine vierstimmige Fuge verpackt war. Mitreißend, wie das Thema so durch die einzelnen Stimmen (Instrumente) geführt wurde. Nach einem beruhigtem Mittelteil nimmt das Stück nochmals Fahr auf bis zum rasanten Schluss.
Die vielen Zuhörenden lauschten nachgerade gebannt und voller Aufmerksamkeit bis zum allerletzten Ton, um dann langen Beifall zu spenden.
Wie schön, dass sich ein so tolles Spitzenensemble mit Freude bereitfindet, solche Benefizkonzerte zu geben.
Wir bedanken uns von Herzen!
Renate Pauschmann